Rechtsfragen rund um die Erstellung von Avataren: Zu diesem Thema referierten Hans-Christian Gräfe und Karla Herb auf einem interdisziplinären Workshop am 7. November 2021. Das Seminar fand zusammen mit Forschern des Heidelberg Collaboratory for Image Processing statt.
In ihrem Lab haben sie eine KI-Software entwickelt, mit der sie anhand von Videoaufnahmen einer Person ein animierbares 3D-Modell erstellen können. Daraus lässt sich wiederum ein fotorealistischer Avatar der Person erzeugen. In ihrem Vortrag adressierten Hans und Karla die Rechtsfragen, die auf den schrittweisen Produktionsstufen der Avatare auftreten. Dabei spielen vor allem das Datenschutz- und Urheberrecht eine Rolle.
Schutz der KI-Software
Inwiefern KI-Software rechtlichen Schutz erfahren kann, ist komplex und in der Rechtswissenschaft umstritten. Zunächst könnte das Urheberrecht die KI als Werk oder Datenbank erfassen. Urheberrechtlicher Werkschutz erfordert, dass das zu schützende Werk persönlich, also menschlich, geschaffen wird. Hier zeigt sich die Besonderheit von selbstlernenden Systemen. Zwar entwickeln Programmierer:innen eigens den untrainierten Code einer Machine Learning Software, sodass dieser schutzfähig ist. Den einsatzfähigen, trainierten Code erzeugt die KI jedoch autonom. Dies steht einem urheberrechtlichen Werkschutz entgegen. Um die Software als Datenbank einzuordnen, bedarf es einer systematischen Anordnung voneinander unabhängiger Elemente. Ob die Informationen, die im Code enthalten sind, als solche bewertet werden können, ist umstritten. Sodann bietet das Urheberrecht Leistungsschutzrechte, die nicht an die kreative Leistung der Schöpfer:innen eines Werks oder einer Sammlung anknüpfen, sondern an die Investitionen der Hersteller:innen. Ob ein Investitionsschutz für Entwickler:innen der KI-Software als Datenbankhersteller:innen besteht, wird debattiert. Ein Patentschutz für KI-Software besteht nicht. Ein Know-How Schutz kommt in Betracht, wenn Informationen strengen Geheimhaltungsmaßnahmen unterliegen. Dies kommt vor allem für separat gespeicherte Trainingsdaten in Betracht.
Rechte der abgebildeten Personen
Daneben stellt sich die Frage, auf welchen Produktionsstufen Rechte der abgebildeten Personen betroffen sind. Für die Aufnahme des Video-Rohmaterials bedarf es einer datenschutzrechtlichen Grundlage, da ab diesem Zeitpunkt personenbezogene Daten – nämlich die Portrait- und Kopfansichten – verarbeitet werden. Dafür kommen je nach Einsatzzweck ein wissenschaftliches oder berechtigtes Interesse der Entwickler in Betracht. Zudem willigen die Betroffenen in die Aufnahme und Verarbeitung ein. Das Ergebnis der Produktion – der Avatar – bildet die anfänglich aufgenommene Person fotorealistisch ab, sie ist also erkennbar. Deshalb bedarf es einer Einwilligung nach dem Kunsturhebergesetz, sofern das Bildnis verbreitet wird.
Führung durchs Lab & Talking Heads Study
der Talking Heads Study
Das Seminar fand in einem ständigen Dialog über mögliche technische Umsetzungen und generelle Rechtsfragen statt. Neben der Diskussion über KI-Anwendungen allgemein und Avatar-Verfahren weltweit drehte sich ein Themenkreis ebenfalls um den Komplex der Datennutzung zu Forschungszwecken – in Abgrenzung zur kommerziellen Nutzung. Nach dem konstruktiven Austausch kamen praktische Anwendungen nicht zu kurz. Neben der Vorführung von Aufnahmeapparaten nahmen die Seminarteilnehmer:innen selbst noch an einem an UX-Experiment teil: In seiner Talking Heads Study untersucht Weizenbaum-Forscher Martin Schüssler Möglichkeiten, Video Conferencing Syteme durch innovative Darstellungsformen zu verbessern. Martin befindet sich derzeit als Researcher in Residence am HCI.